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Abenteuer in Ägypten: Arbeiten, Denken und Fühlen

Im Frühjahr 2016 reisten Jan Vermeulen und seine Partnerin Ann Lust mit den niederländischen SEKEM Freunden nach Ägypten. Sie waren so inspiriert, dass sie anboten, ihre Erfahrungen mit SEKEM für ein Jahr zu teilen. Ann arbeitete hauptsächlich in SEKEMs Babygruppe und Jan engagierte sich in der Klempnerei- und Landwirtschaftsausbildung in SEKEMs Berufsbildungszentrum. Jan, der sich in Belgien als Gesundheitsberater mit Mikroorganismen beschäftigt hatte, teilte außerdem sein Wissen über effektive Mikroorganismen (EM) für die Kompostierung von Küchenabfällen und als Reinigungsmittel. In den SEKEM News berichtet er von seinen Erfahrungen in Ägypten.

Ich fühle mich ein bisschen wie der mutige Komikheld Tim (aus den bekannten Geschichten von Tim und Struppi), der sich für das Abenteuer in Ägypten entschieden hat und die Komfortzone seines Alltags verlässt. Meine Partnerin Ann wurde vom niederländischen Verein der SEKEM Freunde gebeten, die Kleinkinderbetreuung zu unterstützen – aber was kann ich tun?

Als wir im Oktober 2016 in SEKEM ankamen, half mir Angela Hofmann (SEKEMs Koordinatorin für Landwirtschaft und nun eine gute Freundin) herauszufinden, wo ich mich nützlich machen könnte. Mit meinem technischen Hintergrund und der Erfahrung in verschiedenen Werkstätten, interessierte ich mich besonders für das Berufsbildungszentrum SEKEMs.

Jan und Angela in SEKEM
Jan Vermeulen aus Belgien mit Angela Hofmann, SEKEMs Landwirtschaftskoordinatorin.

Während meiner Recherche in den Werkstätten und nach einigen Gesprächen mit Lehrern erkannte ich schnell, dass die Anwendung von Sicherheitsregeln und die Beachtung von Personen- und Maschinenschutz ausbaufähig ist. So begann ich meine Arbeit mit Schülern wie Lehrern und konnte fortan von Tag zu Tag Verbesserungen beobachten – seltener aus Überzeugung als vielmehr mir zum Gefallen, so mein Eindruck. Regelmäßig führte ich Gespräche mit den Lehrern über ihre Vorbild-Rolle und hoffe, dass sie sich ihrer Position mehr und mehr bewusst werden und die Schüler dazu motivieren können, gemeinsam eine angenehmere und sicherere Arbeitsumgebung zu schaffen.

Reflektieren Lernen

Angela gab mir auch den Auftrag, die Schüler dazu zu motivieren, mehr über ihre Arbeit zu reflektieren. „Was habe ich getan? Wie und warum habe ich es gemacht? Wie habe ich mich dabei gefühlt? Und hätte ich es auch anders tun können?“, waren Fragen, die ich mit ihnen immer wieder durchging. Dazu haben alle Schüler ein Notizbuch angelegt, in dem sie täglich berichten. Als ersten Schritt notierten die Schüler ganz simpel was sie getan hatten, welche Materialien sie benutzt haben oder ihre Arbeitszeiten. Nach und nach konnte ich beobachten, wie die Berichte ausführlicher wurden und, dass einige Lehrer plötzlich anfingen, den Schülern immer mehr konkrete Rückmeldung zu geben und die Berichte nicht einfach nur zur Kontrolle abzeichneten. Das war eine ganz schön lange Entwicklung, wobei ich immer wieder Zeuge von interessanten Diskussionen wurde. Das Ziel, Hände, Kopf und Herz zusammen arbeiten zu lassen, versuchte ich den Lehrern und Schülern immer wieder zu vermitteln – in meinem “besten” Arabisch, aber vor allem durch Gebärdensprache und in simplem Englisch: „Tun, Denken und Fühlen.”

Jan Vermeulen aus Belgien mit SEKEM Schülern im Berufsbildungszentrum.
Jan Vermeulen aus Belgien mit Schülern aus SEKEMs Berufsbildungszentrum.

In der Klempnerei

Bei meinen täglichen Spaziergängen entdeckte ich die Klempnerwerkstatt. Ich verbrachte mehrere Wochen dort, schaute wie Lehrer und Schüler arbeiten und was ich beitragen kann. Die Werkstatt ist mit rund 25 m2 viel zu klein, um darin mit 23 Schülern in 3 Klassen angemessen unterrichten zu können. Genau wie in den anderen Abteilungen des SEKEM Berufsbildungszentrums haben die Auszubildenden an zwei Tagen der Woche theoretischen Unterricht und lernen an vier Tagen in der Praxis. Dabei werden meist sanitäre Probleme in der SEKEM Schule und in den Firmen auf der Farm angegangen, wie beispielsweise das Reinigen von Abflüssen, das Reparieren von undichten Wasserhähnen und Toiletten. Aus meiner Sicht fehlte es dabei an Abwechslung und ein geeigneter Lehrplan.

So begann ich auf Grundlage der Vorschriften der ägyptischen Regierung einen Lehrplan zu erstellen und ergänzte diesen mit meinen Praxiserfahrungen aus Europa. Die Umsetzung dieser theoretischen Ausarbeitung versuchte ich in der Realität zu testen und erweiterte ihn um landwirtschaftliche Bewässerungstechniken, was übrigens ein besonderer Wunsch von Ibrahim Abouleish war. Gamal El Sayed, der Leiter der SEKEM Schulen, studierte den neuen Lehrplan gründlich und genehmigte ihn.

Jan und Mohamend in SEKEM
Jan und Mohamed, der SEKEM-Lehrer in der Klempnerei.

Ein leeres Lagerhaus von NatureTex eignete sich für die Ausstattung einer vollwertigen Klempnerei. Ich erstellte einen ausführlichen Plan für die Einrichtung und den Kauf von Werkzeugen und Materialien (finanzielle Hilfe wird noch benötigt!). Anfang September 2017 konnten wir die Schüler in ihrer “neuen” Werkstatt empfangen und nach und nach den neuen Lehrplan einführen. Ziel der Ausbildung ist es, die Studenten zu selbständigen Installateuren zu schulen und ihnen die Qualifikationen für den Bau und die Reparatur von Bewässerungssystemen in der Landwirtschaft zu vermitteln.

Aber auch hier ist nach wie vor das Bewusstsein der Lehrer und der Schulleitung gefragt, die das Gesamtbild im Blick haben und die Motivation, Wissen geduldig und konsequent zu vermitteln. Mein Gefühl: Es wurden viele Samen in einen sehr fruchtbaren Boden gepflanzt.

Jan Vermeulen

SEKEM Freunde Niederlande
SEKEMs Berufsbildungszentrum freut sich über neue Maschinen
Neue Generation Bio-Landwirte in SEKEMs Berufsbildungszentrum