SEKEM in Brasilien: Nachhaltiges Engagement ohne Grenzen

Das Konsumentenverhalten spielt nicht nur eine entscheidende Rolle, wenn es um die Gestaltung von Geschäftsstrategien geht, es kann gleichzeitig auch einen wichtigen Beitrag zur Realisierung einer nachhaltigen Wirtschaft leisten. Brasilien gehört zu vielen Ländern, die diese Idee übernommen und die erfolgreiche Umsetzung bewiesen haben. Nach der Rezession, mit der das Land in den 90er Jahren konfrontiert war, hat sich in vielen Bereichen ein solidarisches Wirtschaftsmodell entwickelt, das nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion fördert.

So fand in Brasilien das vierte Symposium zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung (ESD) statt, das von der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur) veranstaltet wird. In Curitiba, der Hauptstadt des südbrasilianischen Bundesstaates Paraná, nahmen 16 Bildungsfachleute, Philosophen sowie Umwelt- und Wirtschaftsexperten aus aller Welt an der Konferenz teil. Für SEKEM reiste Mohamed Anwar, Spezialist für ESD und Dozent an der Heliopolis Universität nach Brasilien. Die SEKEM Schule ist seit 2015 Mitglied der UNESCO und die Heliopolis Universität beherbergt eine eigene Abteilung für Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Vielversprechende Zusammenarbeit mit Brasilien

Am Rande des Symposiums trafen sich 20 Geschäftsleute, die für die Förderung von grünen Märkten stehen, mit den Teilnehmern. Unter ihnen war Paulo Muro, Berater im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung, der einen Monat vor dem Symposium in SEKEM zu Gast war. Zusammen mit Katia Puchaski, einer Rechtsanwältin und Beraterin der öffentlichen Verwaltung des Bundesstaates Paraná, organisierte er nun in Brasilien verschiedenste Veranstaltungen und Besuche für Mohamed Anwar. So hielt der SEKEM Mitarbeiter beispielsweise einen Vortrag an der brasilianischen Universität PUCPR (Pontificia Universidade Católica do Paraná) vor internationalen Wirtschaftsstudenten. „Das war ein wichtiger Schritt hin zu einer zukünftigen Kooperation und wir hoffen, dass daraus ein fruchtbarer Studentenaustausch mit der Heliopolis Universität entstehen wird“, so Mohamed Anwar.

SEKEM Mitarbeiter Mohamed Anwar mit seinen brasilianischen Kollegen Paulo Muro und Katia Puchaski in Curitiba.

Innovative Geschäftsmodelle in Brasilien

Am zweiten Tag des UNESCO-Symposiums fanden Exkursionen zu erfolgreichen Geschäftsmodellen in Curitiba statt. So wurde etwa Boticário, die zweitgrößte brasilianische Kosmetikfirma besichtigt, deren Firmenphilosophie sich stark nach den Zielen für nachhaltige Entwicklung richtet. Mohamed Anwar stellt dort viele Ähnlichkeit mit SEKEM fest: „Boticário fördert die Gleichstellung der Geschlechter und eine nachhaltige und geschlossene Lieferkette, die sich nach ökologischer Verträglichkeit richtet – ganz so wie wir es in SEKEM tun.“

Außerdem lernte Mohmamed Anwar die Initiative “Green Exchange” kennen, die seit vielen Jahren ein innovatives Abfallwirtschaftsprogramm in Curitiba umsetzt. Dabei werden Menschen, die in Slums leben, dazu ermutigt, organischen und wiederverwertbaren Müll zu sammeln, ihn zu trennen und ihn an den nächsten Müllstationen zu deponieren. Als Gegenleistung erhalten sie Essen, Bustickets, Schulbücher und andere nützliche Dinge. Die innovative Lösung von „Green Exchange“ hat dazu beigetragen, Abfälle aus Elendsvierteln und den umliegenden Gebieten zu beseitigen und das Bewusstsein für Müll zu schärfen. Es sind außerdem Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen worden, wodurch wiederum höhere Steuereinnahmen erzielt werden konnten, wovon auch die Stadt profitiert. „Ein brillantes Projekt, das zur Lösung vieler ökologischer und sogar wirtschaftlicher Herausforderungen beitragen kann. Es wäre toll dies auch in Ägypten einzuführen“, berichtet Anwar.

Die Teilnehmer des Symposiums bei einer Mülldeponie des “Green Exchange” Programms. (©UNESCO/Mariana Alcalay)

“Investoren und Produzenten müssen ökologische Werte stärker in Betracht ziehen, denn diese werden auch in Bezug auf wirtschaftliches Wachstum immer wichtiger.“ Mohamed Anwar, SEKEMs ESD-Spezialist

Im Rahmen der Diskussion darüber, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung auf anstehende Herausforderungen reagieren kann, wurde während des Symposiums die Rolle von Bildung in Bezug auf die Förderung verantwortungsvoller Verbraucher hervorgehoben. „Wir müssen daran arbeiten, das Bewusstsein der Verbraucher für nachhaltige Entscheidungen zu schärfen, indem wir ihnen helfen zu erkennen, dass unsere Welt begrenzte Ressourcen hat“, so Mohamed Anwar. „Gleichzeitig müssen aber auch die Produzenten und Investoren die ökologischen Werte in ihren Geschäftsaktivitäten berücksichtigen, denn sie werden auch für das wirtschaftliche Wachstum immer wichtiger.“

Nachhaltiges Verbraucherverhalten fördern

Im Rahmen der Podiumsdiskussionen stellte Mohamed Anwar SEKEMs neueste ESD-Projekte vor. Er berichtete etwa von den “Training of Trainers”-Sitzungen (TOT), die SEKEM Lehrern aus ganz Ägypten anbietet. „Wir wollen die Botschaft der nachhaltigen Bildung sowohl unter den Lehrern als auch unter den Schülern an öffentlichen Schulen verbreiten, sodass die junge Generation ihre Verantwortung gegenüber den natürlichen Ressourcen erkennt und ein nachhaltiges Bewusstsein für Einkauf und Konsum entstehen kann“, erklärt der SEKEM Mitarbeiter. Die TOT-Sitzungen und die, von der Heliopolis Universität entwickelten ESD-Kits für Lehrer, sind Teil des EduCamp-Projekts, das Schulen und Universitäten in einem strukturierten Mechanismus zusammenbringt. Das Projekt richtet sich nach der UN-Dekade für Bildung für nachhaltige Entwicklung und der ägyptischen Bildungsreformpolitik.

Die Teilnehmenden des vierten UNESCO Symposiums beschäftigten sich mit Bildung für nachhaltige Entwicklung im Bereich Wirtschaft. (©UNESCO/Mariana Alcalay)

Mohamed Anwar berichtete den Teilnehmern auch von SEKEMs Bemühungen Mitarbeitern und Schülern die Bedeutung eines gesunden Lebensstils zu vermitteln. SEKEM stellt allen Mitarbeitern jeden Tag eine frische und nahrhafte Mahlzeit zur Verfügung. „Die Schüler erkennen so die Vorteile von gesundem Essen, auch in Bezug auf ihre schulischen Leistungen“, weiß Mohamed Anwar. „Wir haben außerdem eine Aktion durchgeführt, wodurch immer mehr Schüler ihre Pausenbrote in Lunchboxen anstelle von Plastiktüten mitbringen.“

100% Kreislaufwirtschaft in SEKEM bis 2050

SEKEM bemüht sich in allen Bereichen um die Wiederverwertung. So werden etwa die biologischen Abfallprodukte im Kompost verwendet und das Abwassers mit biologischen Methoden aufbereitet. Bis 2050 möchte SEKEM 100% Kreislaufwirtschaft in allen Bereichen und Aktivitäten eingeführt haben und andere Unternehmen bei deren Umstellung auf nachhaltige Wirtschaftsweisen unterstützen.

Noha Hussein

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