Neue Standards für ganzheitliche Zertifizierung: “Wirtschaft der Liebe”

Bio, fair, nachhaltig – Kundinnen und Kunden können bereits heute zwischen einer riesigen Auswahl an zertifizierten Produkten wählen, wodurch Umwelt und Menschenrechte geschützt werden sollen. Nun kommt aus Ägypten ein weiterer Standard auf den Markt: „Economy of Love“ (EoL). Ist das notwendig? Ja findet SEKEM – heute mehr denn je – und beginnt ab sofort mit der EoL-Zertifizierung aller Produzenten und Verarbeiter.

„Economy of Love“ wurde von der EBDA (Egyptian Biodynamic Association) entwickelt, wird vom COAE (Center for Organic Agriculture in Egypt) zertifiziert und ist stark von der ganzheitlichen Vision SEKEMs inspiriert. Das ist auch der erste Unterschied zu anderen Standards. Während die einen den Umgang mit der Umwelt beurteilen, konzentrieren sich andere auf faire Vergütung und Arbeitsbedingungen. EoL will beides abdecken und noch mehr: „Der kulturelle Aspekt, also die Frage danach, wie ein Produkt sowohl die Potentialentfaltung der Verbraucher als auch der Produzenten beeinflusst, berücksichtigt bisher kein anderes Label,“ weiß Helmy Abouleish, der als Geschäftsführer der SEKEM Initiative die Entwicklung des Standards eng begleitet hat. „EoL soll ein multidimensionaler Standard für eine ganzheitlich nachhaltige Entwicklung sein.“ So müssen die Produzenten beispielsweise immer Zugang zu regelmäßigen kulturellen Aktivitäten und Bildungsangeboten haben, die lokale Kultur muss berücksichtigt und eingebunden werden und lebenslanges lernen garantiert sein. Des Weiteren gilt bei den Kultur-Kriterien, dass nur solche Produkte EoL-zertifiziert werden, die auch zur Potentialentwicklung der Verbraucher sinnvoll beitragen. Die Zertifizierten müssen also nicht nur den Anforderungen der biologisch dynamischen -Landwirtschaft oder des fairen Handelns nachkommen, sondern weitaus mehr: Die insgesamt 20 Grundkriterien betreffen die vier Dimensionen Kultur, Soziales, Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen. 

Für die Erfüllung der EoL-Standards muss den Produzenten und Verarbeitern ein regelmäßiges kulturelles Angebot zur Verfügung stehen.

Die Notwendigkeit eines weiteren Standards sehen die Entwickler auch darin, dass keines der momentan vorhandenen Labels die gesamte Wertschöpfungskette abdecken und transparent darstellen kann. „Wenn die Verbraucher die Möglichkeit hätten, die Herkunft und den Weg eines Produktes nachzuvollziehen, würden sie ein anderes Kaufverhalten an den Tag legen, davon sind wir überzeugt“, so Justus Harm, der das Label mit der EBDA hauptverantwortlich entwickelt hat. „Wir wollen den gesamten Wertschöpfungskreislauf darstellen, um die Anonymität zwischen Konsumenten und Produzenten aufzuheben. Die verlorengegangene Beziehung zum Ursprung eines Produkts hat stark zu dem enormen Wertverlust von Waren und Arbeit beigetragen.“ Und zu dieser Transparenz gehört viel mehr als ausschließlich die Rückverfolgung der Haupt-Rohware, die nur einen bestimmten Teil des gesamten Produkts ausmacht; EoL berücksichtigt auch die Herkunft der Verpackungsmaterialien, die Transportwege, die Verarbeitung und die tatsächlichen Kosten, die bei der Produktion verursacht werden. Dabei wird auf Studien und praktische Erfahrung mit der „True Cost Accounting Methode“ zurückgegriffen, in denen die externalisierten Kosten der Herstellung wie beispielsweise Wasser-Verbrauch, Umweltbelastungen oder CO2-Ausstoß in den Produktpreis mit einkalkuliert werden. Zertifizierte müssen diese Kosten offenlegen, um Teil des EoL-Netzwerkes zu sein.  

Das “impacTrace“-Tool ermöglicht die komplette Rückverfolgung eines Produktes. Hier können Verbraucher Informationen über die Bauern, über Transport, Verpackung, Verarbeitung oder den ökologischen Fußabdruck einholen. 

EoL will den kompletten Wertschöpfungsweg transparent darstellen – vom Bauern bis zum Endprodukt.

Die „Economy of Love“-Zertifizierung kann ab sofort von Bauern und Verarbeitern in Ägypten bei der COAE beantragt werden. Unterstützt wird das neue EoL-Label auch auf internationaler Ebene von Akteuren aus der Bio- und Fairtrade-Branche. „Nicht nur SEKEM hat erkannt, dass Bio-Zertifizierungen oder faire Wirtschaftssiegel nicht mehr ausreichen. Wir müssen ganzheitlich denken und agieren, um die Branche wirklich nachhaltig verändern zu können“, so Helmy Abouleish. „Deshalb sind wir dabei unsere SEKEM-Farmen und alle unsere über 400 Vertragsbauern im Land EoL zertifizieren zu lassen. Wir sehen in dem Ansatz einen grundlegenden Schritt für die Entwicklung der Landwirtschaft als auch der Menschen entlang der Wertschöpfungskette.“

Christine Arlt

Für direkte Fragen an EoL: [email protected]

Hier finden Sie weitere Informationen zum „Economy of Love“-Label!